Die Gottesbuden – Über 400 Jahre Wohnen für die Ärmsten
Die Gottesbuden prägen das Stadtbild Ahrensburgs genauso wie das Schloss oder der Marstall. Touristen und Einheimische mögen die weißen Häuserreihen links und rechts der Schlosskirche, mit ihren grünen Klöntüren sehen sie idyllisch aus und sind ein beliebtes Fotomotiv.
Was viele nicht wissen: Seit über 400 Jahren leben in den kleinen Häuschen bedürftige Menschen, deren Dasein nicht ganz so idyllisch ist, wie die Buden auf den ersten Blick aussehen. Kürzlich durfte ich mir die Gottesbuden etwas genauer anschauen und habe viele Informationen rund um das Projekt bekommen. Aber von vorn.
Inhalt
Sozialer Wohnungsbau von 1594
Etwa zehn Jahre nachdem Schloss Ahrensburg fertiggestellt war, ließ Peter Rantzau die Schlosskirche mit den dazugehörigen Gottesbuden errichten. Die Kirche sollte als letzte Ruhestätte für seine Familie dienen, die Gottesbuden den Alten und Armen des Guts ein Zuhause bieten. Mithilfe einer Stiftung verfügte Rantzau auch über seinen Tod hinaus, dass hier 24 Menschen eine Unterkunft finden sollten.
Bis heute kümmert sich die Kirche darum, dass Rantzaus Wunsch umgesetzt wird. Inzwischen leben zwar nur noch 16 Menschen in den winzigen Häuschen, das Konzept ist aber gleich geblieben.
Führung entlang der Gottesbuden
Im Rahmen des Ahrensburger Kultursonntags, bot die Kirchengemeinde kürzlich Führungen entlang der Gottesbuden an. Die Pastorin Angelika Doege-Baden-Rühlmann nahm sich Zeit, mir etwas zu den Buden und ihrer Geschichte zu erzählen. Ich durfte auch die Mittagsbude anschauen und die Bude, die den Bewohnern der Nordseite als Gemeinschaftsbad dient.
Jede Bude ist 16 qm klein, verfügt über eine kleine Küchenzeile und eine Toilette. Eine der Buden steht als Notfallbude zur Verfügung. „Hier können wir Menschen in einer akuten Notsituation vorübergehend unterbringen“, erzählt Angelika Doege-Baden-Rühlmann. „Zuletzt lebte hier jemand, den ich bei strömendem Regen im kleinen Park vor der Kirche angetroffen habe.“
Die Kirche hilft
Das gilt auch im Jahr 2023 und so suchen auch immer mal wieder Menschen in Not Zuflucht in, bzw. bei der Kirche. Während die Bewohner:innen der fest-vermieteten Buden unbefristet dort leben, bietet die Notfallbude aber wirklich nur eine vorübergehende Unterkunft.
Wenn 1 Euro noch zu viel für eine warme Mahlzeit ist
Die Mittagsbude besteht aus zwei zusammengelegten Buden und bietet so Platz für einen großen Tisch, an dem 10 Personen gemeinsam essen können. Darüber hinaus gibt es eine Kommode, ein Küchenbüfett und ein paar weitere Stühle. Ehrenamtliche Helfer:innen kümmern sich darum, dass Bedürftige hier jeden Mittag ein warmes Essen für den symbolischen Betrag von 1 Euro bekommen können.
Angelika Doege-Baden-Rühlmann erklärt: „Selbst dieses Angebot nehmen nicht alle an. Für manch eine:n stehen einfach andere Themen mehr im Mittelpunkt. Da hat ein Mittagessen keine Priorität“. Die Pastorin würde das Angebot gern noch um eine Teestube erweitern. Aktuell fehlen dafür allerdings die Mittel.
Gemeinschaftsbad für alle
Jede der kleinen Häuserreihen hat ein Gemeinschaftsbad, für das die Bewohner:innen auch gemeinschaftlich verantwortlich sind. Auch hier ist deutlich zu erkennen, dass viele andere Sorgen haben, als ein Bad zu putzen. Ein Foto mache ich deshalb nicht.
Denkmalschutz als Herausforderung
Auch wenn die Gottesbuden auf den ersten Blick niedlich aussehen, gibt es doch immer wieder Renovierungsbedarf. Regelmäßig werden die Fassaden zur Straßenseite hin mit Schriftzügen beschmiert, die Farbe blättert teilweise ab.
Die Pastorin erklärt: „Wir können da leider nicht einfach mit beliebiger Farbe drüber malen. Die Buden stehen unter Denkmalschutz, deshalb müssen wir eine dänische Kalkfarbe verwenden, die nicht ganz so günstig ist. Und so dauert es manchmal etwas länger, bis wir Renovierungsmaßnahmen umsetzen können“.
Armut gibt es überall
Auch, wenn Ahrensburg ein beschauliches Städtchen ist, mit viel Grün und vielen, idyllischen Straßenzügen, gibt es auch hier Armut. Das wird natürlich nicht nur dadurch deutlich, dass es eine Einrichtung wie die Gottesbuden gibt. Viele soziale Projekte, wie z. B. auch die Ahrensburger Tafel haben großen Zulauf.
Schön aber, dass es Menschen gibt, die sich kümmern und nicht wegschauen, sondern mit anpacken, wenn Hilfe gefragt ist. Sei es die Kirche oder ehrenamtliche Verbände und Vereine!
Hier kommen noch ein paar sommerliche Impressionen der Gottesbuden. Ich wünsche dir alles Gute, wir lesen uns!
Guten Tag, der Blog hat mir sehr gut gefallen, vielen Dank dafür!
Ein kleiner Hinweis sei mir dann doch gestattet: Das Foto vom Kreisarchiv zeigt die Südseite der Gottesbuden und nicht die Nordseite.
Herzliche Grüße
Edgar Müller
Vielen Dank, ich habe den Fehler korrigiert! Herzliche Grüße Nicole Theinert
Hat man in den Gottesbuden seine Ruhe? In normalen Wohnungen ist das ja kaum noch der Fall.
Toller Bericht, habe gerade im Buch Ahrensburgmord 2 von den Gottesbuden gelesen
Danke, lieber Stephan! Ich finde die Geschichte der Gottesbuden auch immer wieder spannend. Über Ahrensmord 1 und Ahrensmord 2 habe ich auch schon geschrieben. Dir noch schöne Feiertage und liebe Grüße. Nicole